Braunkohleabbau: Marienstollen in Malliß
Die Geschichte des Bergbaus rund um die Region Malliß


In unserem kleinen, aber feinen Museum, dem
Regionalmuseum Hans Joachim Bötefür, Karl Marx Straße 22, 19294 Neu Kaliß / OT Kaliß
wird neben vielen anderen Themen, die Geschichte des Bergbau´s rund um das Gebiet des Wanzeberges beschrieben.
Für Norddeutschland ist es ja eigentlich völlig untypisch, überhaupt vom „Bergbau“ zu sprechen.
Der Forscher und Geologe Hans Joachim Bötefür hatte es sich zur Lebensaufgabe gemacht, all´ sein Wissen in unserem Haus zusammenzutragen, unter anderem auch dieses ganz spezielle Thema.
Wir finden hier in unserer Ausstellung Bild- und Kartenmaterial, Werkzeuge und einzelne Geschichten rund um „unsere Kohle“.
Die Schwere der Arbeit unter Tage wird hier deutlich. Tatsächlich wurde mit immer wieder Unterbrechungen zwischendurch von 1817 bis 1960 Kohle abgebaut. Bis 60 m tief wurde Kohle gefördert.
Zwei sehr anschauliche Modelle verdeutlichen den technischen Vorgang. Pferde mussten sehr lange die schweren Loren aus der Tiefe ans Tageslicht befördern, bis schließlich bessere Technik zum Einsatz kam.
Die Bauern vor Ort waren verpflichtet, das Holz zu liefern, das verwendet wurde für den Bau der Schächte.
Gerade die Brennstoff-Knappheit nach dem 2. Weltkrieg war ein Hauptgrund für die weitere Förderung.
Aber 1960 wurde der Betrieb eingestellt, aus Gründen der Rentabilität. Die Kohlequalität, die Wasserhaltung und der hohe Holzverbrauch zum Stollenbau waren die Gründe.
Wir laden Sie ein zu einem kleinen Erkundungsrundgang in unserem Museum.
Karin Koch
Kulturdenkmal aus Energie und Landschaft
Erdölmuseum Reinkenhagen


Am 21. März 1961 wurde in Reinkenhagen mit der Suchbohrung E-Reinkenhagen 2/2a/60 Erdöl und Erdgas gefunden. An diesem Ort, an dem nachfolgend die Feldzentrale Reinkenhagen ihren Standort hatte, befindet sich heute das Erdölmuseum Reinkenhagen.
Mehr als 2.500 Exponate belegen die Entwicklung des Bohrlochbergbaues auf Erdöl und Erdgas in Mecklenburg-Vorpommern. Gezeigt werden auch die Ergebnisse der Exploration und Produktion dieser Kohlenwasserstoffe, die auf der Basis tierischen und pflanzlichen Planktons im Erdaltertum/dem Paläozoikum vor mehr als 230 Millionen Jahre entstanden sind.
Beim Niederbringen der Bohrung zwangen technische Probleme und eine Festwerde-Havarie bei Kernbohrarbeiten dazu, den Bohrstrang in 2.000 Metern Teufe abzulenken. Durch diesen Umstand und die natürlichen Abweichungen beim Bohren befindet sich der Endpunkt der Bohrung nicht senkrecht unter dem Sondenkopf, sondern ca. 170 Meter in südwestlicher Richtung unter der angrenzenden Ackerfläche. Die Bohrlochneigung und deren Richtung (Azimut) beträgt 222 Gon.
Aus dieser Bohrung ist von 1961 bis 1968 aus 2.300 Meter Tiefe und mit einem Lagerstättendruck von anfangs 400 Atmosphären das erste Erdöl im Nordosten der DDR eruptiv gefördert worden. Auf Sekundärförderung mittels Tiefpumpenantrieb umgestellt, konnte hier noch bis 1990 Erdöl gewonnen werden. Insgesamt waren es 29.400 Tonnen Erdöl, etwa 5,4 Millionen Kubikmeter Erdölbegleitgas und 2.850 Kubikmeter Lagerstättenwasser.
Die Fündigkeit der ersten Suchbohrung löste gerade auf dem Territorium Nordvorpommerns enorme Such- und Erkundungsaktivitäten nach den begehrten kohlenwasserstoffführenden Rohstoffen aus. Die fündigen Bohrungen/Fördersonden waren teils über mehrere Jahre in Betrieb. Die Ergebnisse bei der Suche nach den wichtigen Energieträgern Erdöl und Erdgas führten zu einer rasanten Entwicklung der Tiefbohr- und Fördertechnik und zur Ansiedlung von Spezialbetrieben sowie einem verstärkten Wohnungsbau in der Region. In Zusammenarbeit mit den Hoch- und Fachschuleinrichtungen des Landes und einer eigens dafür geschaffenen betrieblichen Ausbildungsstätte wurde die Aus- und Weiterbildung von Fachkräften zum Beherrschen der komplizierten geologischen und technisch-technologischen Prozesse organisiert. Absolventen der Betriebsschule, sind auch heute noch in der Branche gesuchte Fachleute und als solche weltweit tätig. Der Fleiß und Ideenreichtum der Mitarbeiter führten in Verbindung mit gezielten Forschungs- und Entwicklungsarbeiten zu tiefbohr-, sicherheits- und fördertechnischen Spitzentechnologien. Von ihrer Leistungsfähigkeit zeugen u. a. mehrere deutsche und Europarekorde beim Niederbringen von Tiefbohrungen sowie der reiche Fundus an Daten über den geologischen Aufbau unseres Bundeslandes. Spitzenleistungen wurden auch bei Arbeiten im Ausland erzielt, auf fachlichen Ebenen international zusammengearbeitet und Wertschätzung erfahren.
Regionale Künstler und Kulturschaffende haben die Entwicklung der geologischen Industrie in Bildern und Schriften, wie dem verfilmten Poem und Theaterstück „terra incognita“ von Kurt Barthel, festgehalten, Schätze die auch im Erdölmuseum Reinkenhagen aufbewahrt und gezeigt werden.
Nach Rückgang der wirtschaftlichen Förderphase sind bis 1997 fast alle der 132, auf dem Territorium Nordvorpommerns niedergebrachten Erdöl-/Erdgasbohrungen, verfüllt worden.
Derzeit sind in Nordvorpommern noch 7 Bohrungen auf Usedom und in Mesekenhagen in Förderung.
Die Sonde E-Reinkenhagen 2/2a/60 wurde Ende der 90er Jahre noch zu einer Disposal-/Schlucksonde für die Aufnahme von Lagerstättenwasser uminstalliert. Die Sondenkopfausrüstung dazu kann heute noch besichtigt werden. 2005/2006 ist auch diese Sonde durch Setzen von Zementbrücken (bis auf 20 Meter unter Gelände-Oberkante) verfüllt worden.
Anlässlich der Kampagne „Kulturerbe des Jahres“ zeigt das Museum außergewöhnliche Objekte sowie neu erworbene Exponate, die „begriffen“ und bei Bedarf auch „beschnuppert“ werden dürfen. Dazu gehören u.a.:
- ein Erdölführender Bohrkern aus den Tiefen des Zechsteinmeeres,
- spezielle Bohrmeißel,
- der Fahrseilabschnitt ø 15/8“ der schweren Bohranlage IDECO E 3000, Tragkraft=1.109 kN,
- das Bruchstück im Vatergewinde einer Schwerstange,
- ein geborgenes gut erhaltenes Futterrohrstück, der 1934 niedergebrachten und Erdgas-Fördersonde Mühlhausen 4/34 (Teufe: 1.094,3 Meter, Förderhorizont Hauptdolomit, Z2 ca. 60 Meter mächtig),
- aus der Land-/Forstwirtschaft das Original einer historischen Hebelade,
- ein in Rekonstruktion befindlicher Feuerlöschanhänger TSA.
Das Erdölmuseum Reinkenhagen, das 2023/24 zum Bürgerbegegnungszentrum der Gemeinde Sundhagen ausgebaut worden ist, erwartet Sie: Ein Besuch lohnt sich–Glück auf!
Text und Bilder: Michael Segler/Bernd Schöne; www.erdoelmuseum-reinkenhagen.de
E-Werk in Schwerin



Ende des 19. Jahrhunderts wuchs der Wunsch der Schwerinerinnen und Schweriner nach elektrischem Licht und so wurden 1889 erste Pläne zum Bau eines städtischen Elektrizitätswerks geschmiedet.
Am Heilig Abend im Jahr 1904, nahm das E-Werk am Pfaffenteich die erste kommunale Elektrizitätsversorgung der Stadt auf. 496 Häuser wurden zunächst mit Strom versorgt und das Verteilernetz maß eine Länge von 24 Kilometer. Ein Jahr später genossen weitere 100 Hausstände den Luxus einer heimischen Stromversorgung.
In dem markanten Gebäude waren nicht nur die Gasgeneratoren, Steinkohlelager und Sauggas-Motoren untergebracht, sondern auch Werkstätten, Büroräume sowie Unterkünfte für leitende Angestellte.
Um den stetig steigenden Strombedarf zu decken, wurde die Maschinenhalle sowie der Bürobereich des E-Werks 1913 erweitert und erstmalig mit zwei Dieselmotoren sowie ein Gleichstrom- und Drehstromgenerator bestückt, welche die Stromerzeugung unterstützen.
1921 wurde auf dem Gelände des städtischen Elektrizitätswerks das Haus des Eichamts gebaut. Dort wurden unter anderem die Straßenbahnbatterien aufgestellt.
Ein weiterer großer Meilenstein der Stadtentwicklung fand 1924 mit dem Bau der ersten Fernwärmeleitungen vom E-Werk aus, seinen Ursprung. Erstmalig deutschlandweit, wurde für das Erwärmen des Heizwassers die Abwärme von Dieselmotoren benutzt.
In den goldenen Zwanzigern stieg der Strombedarf rapide an, sodass zwei weitere Dieselmotoren im Elektrizitätswerk installiert werden.
1935 war das E-Werk nicht mehr in der Lage, den Strombedarf Schwerins abzudecken. Es wurden erneut Umbauten vorgenommen, sodass die Dieselmotoren nur noch in den Wintermonaten die Spitzenlasten mit abdeckten und teilweise auch mit Steinkohleteer betrieben werden konnten. Der Strom für die Stadt kam zu der Zeit hauptsächlich von den Märkischen Elektrizitätswerken (MEW). Zusätzlich entstand auf dem Gelände ein Gebäude für die Lagerung von Kabeln und Ähnlichem.
Der zweite Weltkrieg brachte für das E-Werk einen Entwicklungsstillstand mit sich. Die Misswirtschaft in den anschließenden DDR-Jahren führte zum weiteren Verschleiß der Maschinen, sodass 1966 die Stromerzeugung am Pfaffenteich eingestellt wurde. Das Gebäude diente jedoch weiterhin als Schaltstation und die Räumlichkeiten wurden teilweise umgebaut, um als Büro, Werkstatt und Ähnlichem genutzt zu werden.
1972 war die technische Nutzung des E-Werks dann endgültig Geschichte. Nach der Wende verloren auch die übrigen Räumlichkeiten nach und nach ihre Funktion.
Nach einem mehrere Jahre anhaltenden Dornröschenschlaf, kehrte am Spieltordamm 1 im Jahr 1998 wieder Leben ein. Das Staatstheater Schwerin errichtete in der ehemaligen Maschinenhalle eine Nebenspielstätte und bot zeitweise in einem weiteren Raum kleinen Besuchern Stücke auf der „Puppenbühne“ an. Diese Ära des E-Werks hielt bis 2022.
Seitdem warten die historischen Gemäuer auf eine neue Aufgabe. Aktuell gibt es Bestrebungen der Landeshauptstadt das großzügige Gebäude für gesellschaftliche Zwecke, wie eine Nutzung als Kindertagesstädte zu nutzen.
Text: Stefanie Malessa, Stadtwerke Schwerin GmbH




Waldglas in Westmecklenburg
Museum für Alltagskultur der Griesen Gegend in Hagenow
Sand, Asche und Kalk – wer denkt bei diesen unscheinbaren Rohstoffen an kostbare, anmutige und fragile Gefäße aus grünem, bläulichem oder fast durchscheinendem Glas? Es ist fast in Vergessenheit geraten, dass vor allem im westlichen Mecklenburg zahlreiche Glashütten unzählige Flaschen, Schüsseln und andere alltägliche Gegenstände herstellten, die in den meisten Haushalten zu finden waren. Der immense Holzverbrauch der Manufakturen hinterließ ebenfalls deutliche Spuren.
Das Museum für Alltagskultur der Griesen Gegend zeigt in seiner Dauerausstellung nicht nur wunderschöne Zeugnisse dieses Handwerks mit ihren facettenreichen Formen und Farben, sondern vermittelt ebenso spannende Geschichten und historische Hintergründe zur Herstellung von Waldglas in Mecklenburg. Das Museum in Hagenow verfügt über einen der umfangreichsten Bestände dieser beliebten Preziosen, denen Sammler und Forscher wie Ralf Wendt und Henry Gawlick viel Aufmerksamkeit geschenkt haben.
Ausgangsmaterial für die Glasherstellung ist Quarz in Form von Sand. Ein hoher Anteil an Eisenoxid gibt dem Glas eine grünliche bis bräunliche Färbung. Die beigemengte Pottasche setzt die Schmelztemperatur herab; Kreide verleiht dem Glas die nötige Härte. In einem Schmelzhafen erhitzten die Glasmacher das Gemisch auf bis zu 1.000 bis 1.200 Grad Celsius. Mit einer Glasmacherpfeife, verschiedenen Werkzeugen und Formen brachten sie den flüssig-glühenden Glasposten in Form.
Die Geschichte der Glasherstellung in Mecklenburg reicht bis ins Mittelalter zurück. Mönche in den Zisterzienserklöstern gelten als die ersten Produzten gläserner Waren. Im 17. Jahrhundert zogen Glasmacherfamilien aus Hessen über Holstein nach Westmecklenburg. Die Landesherren, aber auch die Kirche und adelige Grundbesitzer gestatteten ihnen den Bau ihrer Glashütten. Die meisten Standorte dieser Zeit lagen in der Region nördlich von Hagenow und westlich von Schwerin. Als frühste Ansiedlungen gelten die um 1611 in Bantin und 1622 in Gammelin gegründeten Betriebe sowie vier Hütten, die zwischen 1620 und 1715 rund um Toddin produzierten. Die Familien Pentz und Gundlach stellten über Generationen ihre Besitzer und Hüttenmeister. Der Großteil der Glasgefäße ging in Hansestädte wie Hamburg, Lübeck, Rostock und Wismar und war für den Export bestimmt.
Vom frühen 17. Jahrhundert bis ins ausgehende 19. Jahrhundert sind allein für das ehemalige Großherzogtum Mecklenburg-Schwerin rund 125 Standorte belegt. Die Herstellung von Pottasche und die gemauerten Brennöfen verschlangen große Mengen an gutem Brennholz. Eine einzelne Glashütte verbrauchte etwa 3.500 m3 Holz im Jahr. Im Laufe des 18. Jahrhunderts verschwanden viele Waldgebiete; die alten Laubwälder hinterließen trockene und sandige Flächen. Bei der Wiederaufforstung erhielten schnell wachsende Fichten und Kiefern den Vorzug. Diese Form der Forstwirtschaft prägte das heutige Erscheinungsbild der Landschaft.
Billigere und bessere Glaswaren ausländischer Fabriken setzten die hiesigen Glasmacher zunehmend unter Druck. Die letzte Glashütte des Landes befand sich in Alt Schwerin und stellte 1901 ihren Betrieb ein Heute erinnern Ortsnamen wie Hüttenkamp oder Glashütte, archivalische Quellen und archäologische Bodenfunde wie bunter Glasbruch, seltene Glassiegel oder Fragmente der Schmelzhäfen an ihre Existenz. In der Stadtkirche von Hagenow zeugt ein jüngst restaurierter achtarmiger Messingleuchter, den der Hüttenmeister Jost Gundlach im Jahr 1648 der Gemeinde stiftete, vom Wohlstand der Glasmacher. Mit zahlreichen Objekten, Medienstationen und kurzweiligen Informationen bietet die Ausstellung im Museum Hagenow spannende Einblicke in ein seltenes Handwerk. Im Dezember 2023 erklärte die UNESCO die Manuelle Glasfertigung zum Immateriellen Kulturerbe der Menschheit.
Wassermühle Zirzow
Zirzow – von der Wassermühle zum Wasserkraftwerk


Die im Bestand, wie er sich bei der Betriebseinstellung vor einiger Zeit zeigte, erhaltene Zirzower Mühle ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie man seit dem Mittelalter die Energie des fließenden Wassers nutzte und dafür die Landschaft umgestaltete. Die Wasserkraftanlage der Zirzower Mühle ist Teil eines 1999 eröffneten Energie-Wanderweg-Karte mit neun Stationen, der durch die Umgebung von Neubrandenburg führt.
Der Bach, der vom Malliner See zur Tollense fließt, wird heute als Malliner Wasser bezeichnet. Er war in geschichtlicher Zeit die natürliche Grenze zwischen den Redariern und Tollensern, zwischen den Bistümern Havelberg und Cammin, zwischen Mecklenburg-Schwerin und -Strelitz. Als Grenzgewässer wurde er befestigt und ausgebaut und sein Gefälle für den Bau von Mühlen genutzt, an deren Orten sich Übergänge über das Wasser fanden.
Die Zirzower Mühle wurde erstmals im Jahre 1230 urkundlich erwähnt. Sie war eine von fünf Wassermühlen, die sich im Bachtal befanden, und hat als einzige überlebt.
Bis zur Aufhebung des Klosters Broda 1555 war sie überwiegend in dessen Besitz und wurde dann herzogliches Eigentum. Am Standort kam 1590 eine Walkmühle, 1625 eine Schneidemühle dazu. Eine nach dem Dreißigjährigen Krieg wieder errichtete Mühle ist seit 1753 im Besitz der Familie Hoffschildt. 1760 musste sie nach einem Brand neu aufgebaut werden. Eine Brandkatastrophe vernichtete 1858, fast 100 Jahre später, erneut nahezu alle Mühlengebäude. Neben dem Wiederaufbau der Mahl- und Schneidemühle wurde zusätzlich eine Ölmühle und eine Kleereiberei eingerichtet. Das aus Raps gewonnene Öl brachte zunächst gute Einnahmen. Hauptabnehmer war die Friedrich-Franz-Eisenbahn. Sie führte nahe der Mühle vorbei und verbesserte wie eine Chaussee von Weitin nach Zirzow den Absatz der Mühle. Eine ebenfalls neue Bäckerei sorgte zusätzlich für die Wirtschaftlichkeit des Anwesens.
Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhunderts erforderten veränderte wirtschaftliche Verhältnisse eine Reaktion seitens der Mühlenbesitzer. Die Ölmühle konnte nicht erhalten werden, weil die Friedrich-Franz-Eisenbahn wegen der Umstellung der Beleuchtung auf Petroleum und Karbid kein Rapsöl mehr abnahm. Die Bäckerei wurde geschlossen und dafür den Bäckern mehr Mehl geliefert. Die Kleereiberei warf ebenfalls nicht mehr genug Gewinn ab.
Um 1900 war die Müllerfamilie aber auch für ihre Aufgeschlossenheit bei der Nutzung der neusten Technik in der Umgebung und in der Stadt Neubrandenburg bekannt. Die Mühle verfügte 1900 bereits über einen Telefonanschluss. 1902 wurde eine Turbinenanlage eingebaute. Zwei Turbinen lösten die beiden oberschlächtigen Wasserräder ab. Daneben gab es eine Hochdrucklokomobile. Ab 1904 konnte sich die Zirzower Mühle mittels einer 110 Volt-Gleichstromanlage selbst mit Strom versorgen. Aus der Sägemühle war ein Dampfsägewerk geworden.
1913 ersetzte man die Turbinen durch zwei Francis-Schacht-Turbinen mit einer Leistung von 25 und 45 PS. Sie blieben bis zu ihrer Außerbetriebnahme 1952 in der Mühle. Die erste Turbine diente dem Antrieb des Sagegatters, die zweite Turbine trieb die Mühle und den Generator an.
Nach der Beseitigung der Folgen eines Dachstuhlbrandes 1939 wurde auch die ganze Mühleneinrichtung, bestehend in einem Quetschwalzenstuhl, einem Ausmahlwalzenstuhl, einem Schrotgang, einem weiteren Mahlgang sowie einem vierteiligen Plansichter, erneuert. Eine Kornreinigungsanlage mit automatischer Waage, eine Schälmaschine sowie eine Bereitungsmaschine für Graupen und eine Grießputzmaschine komplettierten die Ausrüstung.
Die Enteignung und Überführung der Mühle in Volkseigentum konnten nach 1945 zunächst abgewendet werden. Mühle und Sägewerk blieben im Privatbesitz. Das Sägewerk arbeitete fast ausschließlich für die Bezahlung von Reparationskosten an die Sowjetunion.
Als bei der Wasserwirtschaftlichen Rahmenplanung 1952 von der Forschungsstelle Güstrow ein Verzeichnis der vorhandenen und geplanten Wasserkraftanlagen im Bezirk Neubrandenburg erstellt wurde, war unter den geplanten Anlagen ein Wasserkraftwerk am Malliner Wasser im Bereich Zirzow-Weitin mit einer Ausbauleistung von rd. 180 kW und einer möglichen Jahresarbeit von rd. 540000 kWh.
Wurde der Mühlenbetrieb deshalb 1953 eingestellt. Nach Gründung der LPG Typ III Zirzow wurde die Mühle zur ZGE (Zwischengenossenschaftliche Einrichtung) Mischfutterwerk Zirzow Mühle.
Nach der politischen Wende erhielt die Familie Hoffschildt die Mühle 1990 mit allen ihren Rechten in vollem Umfang zurück. Die Turbinenanlage wurde mit Hilfe von polnischen Fachleuten 1998 wieder in Betrieb genommen. Seit über 45 Jahren konnte wieder Strom mit Hilfe von Wasserkraft erzeugt werden. Einen Mühlenbetrieb gab es seit Mitte der 1990er Jahre nicht mehr.
Heute ist eine Energiegewinnung mittels Turbine wegen Wassermangel nur noch eingeschränkt – vorrangig im Winter – möglich.
Jürgen Kniesz
Das Teerschwelerhandwerk als immaterielles Kulturerbe
Köhlerhof Wiethagen „Holzkohle seit dem Mittelalter“



Holzkohle –wer hat sie nicht schon verwendet? Wie aber entsteht sie?
Holzkohle herzustellen, bedeutet sich einer der ältesten Techniken der Köhlerei zu bedienen. Allerdings ist der Beruf des Köhlers heute fast ausgestorben. Wie können wir uns dennoch der Geschichte der Köhlerei, ihrer handwerklichen Ausführung bzw. der Verwendung ihrer Produkte nähern?
Ganz einfach mit einem Besuch des Forst- und Köhlerhofes Wiethagen am südlichen Rande der Rostocker Heide. Hier wird das, seit 1837 mit dem Vertrag zur Gründung der Teerschwelerei Wiethagen durch Johann Schütt, beheimatete Handwerk vorgestellt und regelmäßig ausgeübt. In der ehemaligen Teerschwelerei steht der einzige in Deutschland noch nachweislich betriebene Teerschwelofen, der neben Holzkohle auch Holzteer und Teeressig auf althergebrachte Weise erzeugen kann.
Viermal im Jahr werden bei einem Brand etwa 16 rm Laubholz aus der Rostocker Heide chemisch umgewandelt und mit dem FSC-Siegel versehen. Es entstehen 1,4 bis 1,6 t Holzkohle und ca. 100 l reiner Holzteer bzw. ca. 200l Teeressig. Dazu wird der Teerofen per Handarbeit mit Lehm geputzt, Holz eingestapelt und genau eine Woche lang im Abstand von zwei Stunden durchgängig geheizt, eine sehr aufwendige Arbeit. Danach kühlt, der liebevoll “alter Brummel“ genannte Teerofen, in etwa 3 Wochen ab. Erst bei etwa 35 Grad darf er geöffnet werden, um einen Brand im Inneren auszuschließen. Wieder in Handarbeit wird dann mit einer Schaufel die entstandene Holzkohle hinausbefördert und in Säcke verpackt. Nun erfolgt die Restauration des Teerofens und das Einstapeln von Laubholz, in Tradition aus der Rostocker Heide, kann von vorn beginnen.
Mehr Informationen über die sogenannte Pyrolyse haben die noch ehrenamtlich arbeitenden Mitglieder des Vereins der Freunde und Förderer des Forst- und Köhlerhofes Rostock- Wiethagen e.V. parat und freuen sich über interessierte Besucher aller Altersklassen.
Seit 1984 sind das Köhlerhaus, die Fachwerkscheune, welches das Museum beinhaltet, und die zwei doppelwandig gemauerten Teeröfen als Denkmalensemble der Hanse- und Universitätsstadt Rostock gelistet. Eine besondere Auszeichnung erhielt der Hof 2014 mit dem Wissen des alten Köhlerhandwerkes durch den Eintrag auf die Liste des immateriellen Kulturerbes Deutschlands.
Zu einem gern gebuchten Erlebnis wird der Besuch des Forst- und Köhlerhofes Wiethagen für Schulklassen oder Reisegruppen. Warum nicht ein Unterricht im grünen Klassenzimmer? Warum nicht den Geschichten aus der Rostocker Heide lauschen, die im Skulpturenpark plastisch illustriert wurden? Im Jahr 2021 ist auch der Pfad in die nationale Liste des immateriellen Kulturerbes in das Register vorbildlicher Praxisbeispiele eingetragen worden.
Mit vielen Mitgliedern des europaweit fungierenden Köhlerverbandes, in dem auch der Köhlerhof Wiethagen Mitglied ist, wird aktuell eine Eintragung in das internationale Register des Immateriellen Kulturerbes angestrebt. So bleibt es weiterhin spannend und lohnenswert, die alte Geschichte Mecklenburgs zu erhalten.