Kulturerbe des Jahres 2025

Landschaft und Energie

Der Bund Heimat und Umwelt in Deutschland (BHU) hat gemeinsam mit seinen Mitgliedsverbänden das Thema „Landschaft und Energie“ zum Kulturerbe des Jahres 2025 gewählt. Ziel der Kampagne ist es, auf bedeutende und erhaltenswerte Kulturlandschaften mit ihren materiellen und immateriellen Elementen aufmerksam zu machen. Gleichzeitig wird das bürgerschaftliche Engagement vorgestellt, das zum Fortbestand dieser Kulturlandschaften beiträgt.

Auch wenn der Begriff Energielandschaft erst mit den großflächigen Windparks populär wurde, kann man prinzipiell alle Landschaften, die von Praktiken der Energieversorgung geprägt sind, als solche bezeichnen. So prägten beispielsweise Brennholznutzung in Wäldern oder Windmühlen auf dem freien Feld historische Energielandschaften. Oftmals waren und sind starke landschaftliche Veränderungen mit diesen Prozessen verknüpft — gleichermaßen aber auch eine Vielzahl von Kulturtechniken. So zählen auch immaterielle Zeugnisse wie z. B. Kenntnisse und Traditionen der Bergleute, Köhler, Müller und anderer zum Kulturerbe.

Über Jahrhunderte war Holz die wichtigste Ressource zur Energieproduktion. Im Mittelalter wurde Holz so intensiv genutzt, dass es zwischen dem 11. und 13. Jahrhundert zu einem Tiefstand des Waldanteils in Mitteleuropa kam. Insbesondere Meilerplätze und Kohlenstraßen sind infrastrukturelle Zeugnisse energetischer Holznutzung. Auch bei der Verhüttung von Erzen, in Töpfereien, Ziegeleien, Glashütten, Salzsiedereien, bei Teeröfen und Pechhütten kamen Holz bzw. Holzkohle als Brennstoff zum Einsatz.

Ein weiterer wichtiger Energielieferant war und ist bis heute Wasser. Unzählige historische Wassermühlen entlang von Bächen und Flüssen zeugen davon. Vor allem zwischen dem 16. und 18. Jahrhundert spielte Wasserkraft eine entscheidende Rolle für die industrielle Entwicklung.

Seit Beginn des Industriezeitalters zeugen Gruben, Halden und Bohrfelder von der Erschließung fossiler Brennstoffe wie Stein- und Braunkohle, Erdgas, Erdöl und Uran. Kraftwerke, Trafohäuschen, Stromtrassen, Speichertanks und Pipelines sorgten und sorgen für die Verteilung dieser Ressourcen. Oft sind heute auch sie als Industriedenkmäler erhalten und werden von Vereinen oder Privatleuten gepflegt und in neuer Nutzung vor dem Abriss bewahrt.

Die Geschichte von „Landschaft und Energie“ bezeugt, dass sowohl Raubbau an der Natur als auch nachhaltiger Umgang stattgefunden haben und beide Formen in allen Abstufungen weiterhin möglich sind. In diesem Sinne sind auch die heutigen Energielandschaften zu betrachten.

Spuren der historischen Energiegewinnung finden sich noch vielfältig in der Landschaft. Sie bietet damit einen unverzichtbaren Schatz an Erfahrungen und Anknüpfungspunkten. Jede und jeder kann dazu beitragen, diese geschichtsträchtigen Orte zu erhalten, sie vor Verfall zu schützen und Bildungsarbeit zu leisten – beispielsweise durch die Mitwirkung in einem der zahlreichen Vereine.

Wir werden an dieser Stelle Kulturerbe Beispiele aus Landschaft und Energie veröffentlichen. Das Technisches Landesmuseum MV phanTECHNIKUM unterstützt die Kampagne 2025 als Kooperationspartner.

Das Teerschwelerhandwerk als immaterielles Kulturerbe

Köhlerhof Wiethagen „Holzkohle seit dem Mittelalter“

Holzkohle –wer hat sie nicht schon verwendet?  Wie aber entsteht sie?

Holzkohle herzustellen, bedeutet sich einer der ältesten Techniken der Köhlerei zu bedienen. Allerdings ist der Beruf des Köhlers heute fast ausgestorben. Wie können wir uns dennoch der Geschichte der Köhlerei, ihrer handwerklichen Ausführung bzw. der Verwendung ihrer Produkte nähern?

Ganz einfach mit einem Besuch des Forst- und Köhlerhofes Wiethagen am südlichen Rande der Rostocker Heide. Hier wird das, seit 1837 mit dem Vertrag zur Gründung der Teerschwelerei Wiethagen durch Johann Schütt, beheimatete Handwerk vorgestellt und regelmäßig ausgeübt. In der ehemaligen Teerschwelerei steht der einzige in Deutschland noch nachweislich betriebene Teerschwelofen, der neben Holzkohle auch Holzteer und Teeressig auf althergebrachte Weise erzeugen kann.

Viermal im Jahr werden bei einem Brand etwa 16 rm Laubholz aus der Rostocker Heide chemisch umgewandelt und mit dem FSC-Siegel versehen. Es entstehen 1,4 bis 1,6 t Holzkohle und ca. 100 l reiner Holzteer bzw. ca. 200l Teeressig. Dazu wird der Teerofen per Handarbeit mit Lehm geputzt, Holz eingestapelt und genau eine Woche lang im Abstand von zwei Stunden durchgängig geheizt, eine sehr aufwendige Arbeit. Danach kühlt, der liebevoll “alter Brummel“ genannte Teerofen, in etwa 3 Wochen ab. Erst bei etwa 35 Grad darf er geöffnet werden, um einen Brand im Inneren auszuschließen. Wieder in Handarbeit wird dann mit einer Schaufel die entstandene Holzkohle hinausbefördert und in Säcke verpackt. Nun erfolgt die Restauration des Teerofens und das Einstapeln von Laubholz, in Tradition aus der Rostocker Heide, kann von vorn beginnen.

Mehr Informationen über die sogenannte Pyrolyse haben die noch ehrenamtlich arbeitenden Mitglieder des Vereins der Freunde und Förderer des Forst- und Köhlerhofes Rostock- Wiethagen e.V. parat und freuen sich über interessierte Besucher aller Altersklassen.

Seit 1984 sind das Köhlerhaus, die Fachwerkscheune, welches das Museum beinhaltet, und die zwei doppelwandig gemauerten Teeröfen als Denkmalensemble der Hanse- und Universitätsstadt Rostock gelistet. Eine besondere Auszeichnung erhielt der Hof 2014 mit dem Wissen des alten Köhlerhandwerkes durch den Eintrag auf die Liste des immateriellen Kulturerbes Deutschlands.

Zu einem gern gebuchten Erlebnis wird der Besuch des Forst- und Köhlerhofes Wiethagen für Schulklassen oder Reisegruppen. Warum nicht ein Unterricht im grünen Klassenzimmer? Warum nicht den Geschichten aus der Rostocker Heide lauschen, die im Skulpturenpark plastisch illustriert wurden? Im Jahr 2021 ist auch der Pfad in die nationale Liste des immateriellen Kulturerbes in das Register vorbildlicher Praxisbeispiele eingetragen worden.

Mit vielen Mitgliedern des europaweit fungierenden Köhlerverbandes, in dem auch der Köhlerhof Wiethagen Mitglied ist, wird aktuell eine Eintragung in das internationale Register des Immateriellen Kulturerbes angestrebt. So bleibt es weiterhin spannend und lohnenswert, die alte Geschichte Mecklenburgs zu erhalten.

 

 

Wassermühle Zirzow

Zirzow – von der Wassermühle zum Wasserkraftwerk

Die im Bestand, wie er sich bei der Betriebseinstellung vor einiger Zeit zeigte, erhaltene Zirzower Mühle ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie man seit dem Mittelalter die Energie des fließenden Wassers nutzte und dafür die Landschaft umgestaltete. Die Wasserkraftanlage der Zirzower Mühle ist Teil eines 1999 eröffneten Energie-Wanderweg-Karte mit neun Stationen, der durch die Umgebung von Neubrandenburg führt.

Der Bach, der vom Malliner See zur Tollense fließt, wird heute als Malliner Wasser bezeichnet. Er war in geschichtlicher Zeit die natürli­che Grenze zwischen den Redariern und Tollensern, zwischen den Bistü­mern Havelberg und Cammin, zwi­schen Mecklenburg-Schwerin und -Strelitz. Als Grenzgewässer wurde er befestigt und ausgebaut und sein Gefälle für den Bau von Mühlen genutzt, an deren Orten sich Übergänge über das Wasser fanden.

Die Zirzower Mühle wurde erstmals im Jahre 1230 urkundlich erwähnt. Sie war eine von fünf Wassermühlen, die sich im Bachtal befanden, und hat als einzige überlebt.

Bis zur Aufhebung des Klosters Broda 1555 war sie überwiegend in dessen Besitz und wurde dann herzogliches Eigentum. Am Standort kam 1590 eine Walkmühle, 1625 eine Schneidemühle dazu. Eine nach dem Dreißigjährigen Krieg wieder errichtete Mühle ist seit 1753 im Besitz der Familie Hoffschildt. 1760 musste sie nach einem Brand neu aufgebaut werden. Eine Brandkatastrophe vernichtete 1858, fast 100 Jahre später, erneut nahezu alle Mühlengebäude. Neben dem Wiederaufbau der Mahl- und Schneidemühle wurde zusätzlich eine Ölmühle und eine Kleereiberei eingerichtet. Das aus Raps gewonnene Öl brachte zunächst gute Einnahmen. Hauptabnehmer war die Friedrich-Franz-Eisenbahn. Sie führte nahe der Mühle vorbei und verbesserte wie eine Chaussee von Weitin nach Zirzow den Absatz der Mühle. Eine ebenfalls neue Bäckerei sorgte zusätzlich für die Wirtschaftlichkeit des Anwesens.

Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhunderts erforderten veränderte wirtschaftliche Verhältnisse eine Reaktion seitens der Mühlenbesitzer. Die Ölmühle konnte nicht erhalten werden, weil die Friedrich-Franz-Eisenbahn wegen der Umstellung der Beleuchtung auf Petroleum und Karbid kein Rapsöl mehr abnahm. Die Bäckerei wurde geschlossen und dafür den Bäckern mehr Mehl geliefert. Die Kleereiberei warf ebenfalls nicht mehr genug Gewinn ab.

Um 1900 war die Müllerfamilie aber auch für ihre Aufgeschlossenheit bei der Nutzung der neusten Technik in der Umgebung und in der Stadt Neubrandenburg bekannt. Die Mühle verfügte 1900 bereits über einen Telefonanschluss. 1902 wurde eine Turbinenanlage eingebaute. Zwei Turbinen lösten die beiden oberschlächtigen Wasserräder ab. Daneben gab es eine Hochdrucklokomobile. Ab 1904 konnte sich die Zirzower Mühle mittels einer 110 Volt-Gleichstromanlage selbst mit Strom versorgen. Aus der Sägemühle war ein Dampfsägewerk geworden.  

1913 ersetzte man die  Turbinen durch zwei Francis-Schacht-Turbinen mit einer Leistung von 25 und 45 PS. Sie blieben bis zu ihrer Außerbetriebnahme 1952 in der Mühle. Die erste Turbine diente dem Antrieb des Sagegatters, die zweite Turbine trieb die Mühle und den Generator an.

Nach der Beseitigung der Folgen eines Dachstuhlbrandes 1939 wurde auch die ganze Mühleneinrichtung, bestehend in einem Quetschwalzenstuhl, einem Ausmahlwalzenstuhl, einem Schrotgang, einem weiteren Mahlgang sowie einem vierteiligen Plansichter, erneuert. Eine Kornreinigungsanlage mit automatischer Waage, eine Schälmaschine sowie eine Bereitungsmaschine für Graupen und eine Grieß­putzmaschine komplettierten die Ausrüstung.

Die Enteignung und Überführung der Mühle in Volkseigentum konnten nach 1945 zunächst abgewendet werden. Mühle und Sägewerk blieben im Privatbesitz. Das Sägewerk arbeitete fast ausschließlich für die Bezahlung von Reparationskosten an die Sowjetunion.

Als bei der Wasserwirtschaftlichen Rahmenplanung 1952 von der Forschungs­stelle Güstrow ein Verzeichnis der vorhandenen und geplanten Wasserkraft­anlagen im Bezirk Neubrandenburg erstellt wurde, war unter den geplanten Anlagen ein Wasserkraftwerk am Malliner Wasser im Be­reich Zirzow-Weitin mit einer Ausbauleistung von rd. 180 kW und einer möglichen Jahresarbeit von rd. 540000 kWh.

Wurde der Mühlenbetrieb deshalb 1953 eingestellt. Nach Gründung der LPG Typ III Zirzow wurde die Mühle zur ZGE (Zwischengenossenschaftliche Einrichtung) Mischfutterwerk Zirzow Mühle.

Nach der politischen Wende erhielt die Familie Hoffschildt die Mühle 1990 mit allen ihren Rechten in vollem Umfang zurück. Die Turbinenanlage wurde mit Hilfe von polnischen Fachleuten 1998 wieder in Betrieb genommen. Seit über 45 Jahren konnte wieder Strom mit Hilfe von Wasserkraft erzeugt werden. Einen Mühlenbetrieb gab es seit Mitte der 1990er Jahre nicht mehr.

Heute ist eine Energiegewinnung mittels Turbine wegen Wassermangel nur noch eingeschränkt – vorrangig im Winter – möglich.

Jürgen Kniesz


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