Vertreterinnen des Arbeitskreises „Traditionelle Textilien“ im Heimatverband besuchten Ende Januar das Volkskundemuseum Schönberg. Dieses außerordentliche Museum –zurzeit leider wegen akuter Finanzierungsprobleme geschlossen – beherbergt einige Schätze. Rhenaer Trachten, deren farbenfroh bestickte Schultertücher von Kunstfertigkeit, Kreativität und Reichtum zeugen, und Stickereien. Das Vorhaben von Cornelie Müller-Gödecke, Claudia Krischer und Franz-Josef Klar war die Sichtung der einzigartigen Strumpf- und Strickmuster-Sammlung.
Es ist selten, dass alltägliche Gegenstände wie Strümpfe aufbewahrt werden. Das Stricken von Strümpfen war, in früheren Zeiten, so sehr Teil des täglichen Lebens, dass diese nicht als ‚besonders‘ erachtet und erst recht getragene Strümpfe nicht aufgehoben wurden. Darüber hinaus sind die organischen Materialien Wolle und Baumwolle anfällig für Motten und falsche Lagerung. Um die Strümpfe auch für die Zukunft zu bewahren, sind digitale Fotos und eine Analyse der verwendeten Techniken bei der Herstellung unerlässlich.
Was einst so selbstverständlich war, sollte für heutige und zukünftige Generationen zugänglich sein. Zum einen um nachzuvollziehen, wie die Menschen in unserer Region vor hundert oder zweihundert Jahren lebten: Welche Materialien sie verwendeten, woher diese Materialien kamen und unter welchen Umständen sie damit Kleidung, hier Strümpfe, produzierten. Zum anderen, weil die verwendeten Muster und Techniken teilweise einzigartig und regionaltypisch sind. Sie verorten uns in der Region.
Zwar ist das Museum geschlossen, aber der Trägerverein kümmert sich weiterhin um die Sammlung, was uns diesen einzigartigen Besuch ermöglichte. Museumsmitarbeiterin Christiane Woest half uns bei allen aufkommenden Fragen und versorgte uns mit Kaffee, Beleuchtung und vielen Informationen. Sie holte die, sorgfältig in Seidenpapier verpackten und mit Mottenpapier geschützten, Stricksachen aus dem Lager und brachte sogar einen Kuchen mit, der uns so gut schmeckte, dass wir alle das „Kochbuch der Nordwest-Mecklenburgischen Landfrauen“ kauften, in dem das Rezept steht.
So gestärkt konnten wir uns zwei Tage mit den Strümpfen beschäftigen. Wir fotografierten und notierten unsere Beobachtungen. Einige der Strümpfe tragen Initiale und Jahreszahlen, so dass sie zeitlich einzuordnen sind. Das älteste Stück, ein Musterstreifen aus dem Jahr 1824, ist also in diesem Jahr genau 200 Jahre alt.
Nach unserem Besuch in Schönberg geht es nun daran, die Fotos zu sortieren und die Notizen zu sichten. Unter den Strümpfen gab es einige ganz besonders interessante Exemplare. ‚Star‘ der Sammlung waren für uns die Strümpfe von Auguste Lorenz, mit ihrer feinen Perlenstrickerei. Die Qualität der Strümpfe ist hervorragend und wir freuen uns darauf, einige der Strümpfe und den Musterstreifen von 1824 zu rekonstruieren.
Es ist großartig, dass solche Schätze, hier bei uns, existieren.
Fotos: Claudia Kirscher