Orgel - Instrument des Jahres 2021
Die Orgel war das Instrument des Jahres 2021. Orgelbau und Orgelspielen stehen auf der deutschen Liste der UNESCO für Immaterielles Kulturerbe. Orgeln sind Instrumente, die speziell für einen Raum in ihn hinein gebaut werden und, abgesehen von elektronischen Instrumenten, die größte Klangpalette aufweisen. In diesem Jahr der Orgel stellen wir Ihnen jeden Monat etwa zur Monatsmitte eine neue Orgel aus Mecklenburg-Vorpommern vor. Die Bilder und Texte stammen von Friedrich Drese, der das Orgelmuseum in Malchow leitet und sich vielfach ehrenamtlich für die Orgeln in Mecklenburg-Vorpommern engagiert, zum Beispiel in unserem Mitgliedsverein Windladen e.V.
Wir laden Sie ein, die Klangvielfalt der Orgeln in Mecklenburg-Vorpommern zu entdecken. Denn unsere Orgelauswahl ist nur ein erster Einblick. Beginnen Sie an Ihrem eigenen Wohnort oder im Mecklenburger Orgelmuseum Malchow. Das Orgelfestival „Orgelspiele“ des Vereins Windladen e.V. lädt zu besonderen Konzerten an besonderen Orgeln in Mecklenburg-Vorpommern ein.
Eine Radiosendung des Internetr@dio Warnow von Burghard Seidl vertieft das Thema. Sie können das schöne Hörfeature HIER anhören.
Mehr Informationen zur Orgel und zum Instrument des Jahres finden Sie bei den Landesmusikräten und unter diesem LINK.
Hier finden Sie die unsere Auswahl der Orgeln aus MV
Januar: Orgel in Ducherow
Die Orgel in Ducherow wurde 1850 in der Stettiner Orgelbauwerkstatt Kaltschmidt gebaut. Sie hat ein Manual (Tastenreihe für die Hände) und ein Pedal (Tastenreihe für die Füße) und sieben Pfeifenreihen (Register). Die Orgel wurde vor einigen Jahren durch den Mecklenburger Orgelbau Plau restauriert und befindet sich in einem sehr guten Zustand. Das Besondere an ihrem technischen Aufbau ist die stilistische Orientierung am Thüringer Orgelbau. Gespielt wird die Orgel durch ehrenamtliche Organisten.
Februar: Orgel in Wanzka
Die Orgel in Wanzka wurde 1907 in der Werkstatt von Wilhelm Sauer in Frankfurt/Oder gebaut. Auf einem Manual und Pedal verteilen sich elf Register. In der großen gotischen Klosterkirche entwickelt die Orgel einen faszinierenden Klang – vom leisen Piano bis zu großen romantischen Akkorden. Wilhelm Sauer wurde 1831 in Schönbeck bei Friedland geboren und entwickelte sich zu einem der bedeutendsten Meister seines Faches.
März: Orgel in Ruchow
Die Orgel in Ruchow – man nennt solch kleine Instrumente Orgelpositiv – wurde erst 2012 als ein Instrument aus der Werkstatt des Hamburger Orgelbauers Jochim Richborn entdeckt. Sie war in die Orgel auf der Empore integriert und teilweise umgebaut worden. Eine Inschrift verrät das Baujahr: 1684. Aus dieser Zeit ist das meiste der Orgel erhalten geblieben. Ein sehr rühriger Ortsverein organisiert in jedem Jahr Konzerte in der schönen Dorfkirche. Bei der Wiedereinweihung der restaurierten Orgel 2015 war Ministerpräsident Erwin Sellering anwesend.
April: Orgel in Wusterhusen
Die Orgel in Wusterhusen bei Greifswald wurde vom Berliner Orgelbauer Carl August Buchholz 1841 gebaut. Sie hat auf zwei Manualen (Tastenreihen für die Hände) und ein Pedal (Tastenreihe für die Füße) 16 Register (Pfeifenreihen). Mit solch einer Pfeifenzahl kann ein großes Repertoire an Orgelmusik gespielt werden. Momentan wird eine große Restaurierung vorbereitet, weil die Technik teilweise verschlissen ist. Auch junge Organistinnen üben und spielen an dieser Orgel.
Mai: Orgel in Parum
In Parum bei Schwerin steht eine Orgel aus der Hagenower Werkstatt von Johann Heinrich Runge. Von dem gebürtigen Hagenower sind mehrere kleine Landorgeln erhalten geblieben. Im Mai 1871, vor 150 Jahren, wurde die Orgel mit der neugebauten Kirche eingeweiht. Mit einer seltenen technischen Einrichtung kann jede Taste um eine Oktave in den Diskant gekoppelt werden, womit schließlich der Gesamtklang um ein Wesentliches verstärkt wird. Im Jahr 2005 wurde die Orgel restauriert. Sie hat fünf Pfeifenreihen.
Juni: Orgel in Pütte
In Pütte bei Stralsund baute der Berliner Orgelbauer Carl August Buchholz 1829 eine große Orgel mit zwei Manualen und 14 Registern. Einige Jahrzehnte später wurde sie auf die heutige Empore umgesetzt. Sie wird gemeinhin als das Schlüsselinstrument des 19. Jahrhunderts bezeichnet, weil die Registerverteilung erstmals so angeordnet wurde wie bei sehr vielen nachfolgenden Orgeln des 19. Jahrhunderts. Der Rostocker Orgelbauer Johann-Gottfried Schmidt restaurierte die Orgel 2015.
Juli: Orgel in Passow
In Passow bei Lübz steht eine Orgel aus der Werkstatt von Friedrich Friese III (Schwerin), gebaut 1868 mit einem Manual, Pedal und sechs Registern. Friedrich Friese war Urenkel eines aus Pommern stammenden Orgelbauers und wurde 1873 zum Hoforgelbauer des Großherzogs ernannt. 110 neue Orgeln gingen aus der Werkstatt hervor. Die Orgel in Passow ist von besonderer Bedeutung, weil sie die einzige Friese-Orgel ist, deren Prospektpfeifen, also die sichtbaren Frontpfeifen, 1917 nicht abgegeben werden mussten.
August: Orgel in Kölzin
In Kölzin bei Gützkow steht eine Orgel, gebaut von Friedrich Albert Mehmel aus Stralsund aus dem Jahr 1860 mit einem Manual, Pedal und sechs Registern. Nach 1945 hat eine kleine klangliche Umgestaltung stattgefunden, im Ganzen ist die Orgel jedoch original erhalten. Mehmel hat sehr viele Orgeln in Pommern gebaut. Die Orgel in Kölzin wird regelmäßig durch eine ausgebildete Organistin gespielt.
September: Orgel in Redefin
In Redefin steht eine ganz besonders wertvolle und einmalige Orgel. Im Kern stammt sie aus dem Jahr 1601. Mit mehreren Veränderungen stand sie bis 1845 in der Schlosskirche Schwerin. 1846 wurde sie durch Friedrich Friese II in Redefin aufgestellt, dabei etwas geändert und mit einem neuen Gehäuse versehen. Die Orgel hat auf zwei Manualen 14 Register. Sie wurde 2008 aufwändig restauriert.
Oktober: Orgel in Lancken-Granitz
Die Orgel in Lancken-Granitz wurde 1909 von Barnim Grüneberg in Stettin gebaut. Sie hat auf einem Manual und Pedal acht Register. Grüneberg verwendete zu einem großen Teil die Pfeifen der Vorgängerorgel. In den vergangenen Jahren wurde sie durch den Dresdner Orgelbauer Rainer Wolter restauriert und erhielt 2019 neue Prospektpfeifen.
November: Orgel in Polchow
In Polchow bei Laage steht eine besonders schöne und wohlklingende Orgel aus der Wismarer Werkstatt von Edmund Bruder. 1891 baute er neun Register auf zwei Manualen und Pedal. Das Orgeläußere entwarf der Doberaner Architekt Gotthilf Ludwig Möckel, der den ganzen Kirchenneubau leitete. 2015 wurde die Orgel durch den Mecklenburger Orgelbau Plau umfangreich restauriert.
Dezember: Orgel in Lübbersdorf
In Lübbersdorf bei Friedland steht eine sehr klangschöne Orgel aus der Werkstatt von Barnim Grüneberg (Stettin). 1866 baute er sie mit sieben Registern auf einem Manual und Pedal. Die Akustik des Kirchenraumes verstärkt den Orgelklang wunderbar. Alles an dem Instrument ist original erhalten. 2002 fand eine Generalüberholung statt.
Weitere besondere Orgeln aus Mecklenburg-Vorpommern
Die zwölf Monate des Jahres reichen nicht aus, um alle Orgelschätze des Landes hervorzuheben. Teilen Sie uns gern Ihren Orgelschatz mit, wenn er hier mit veröffentlicht werden soll.
Die Schnitger-Orgel in Blankenhagen
Die als verschollen gegoltene Schnitger-Orgel von 1686/87 aus Hamburg Altona hat der Orgelbauer Heinrich Rasche 1832 bei seinem Umzug von Hamburg nach Rostock wohl in Zahlung und mitgenommen. Sie wurde 1984 vom Dr. Reinhard Jaehn wiederentdeckt. Heinrich Rasche hatte sie 1833 in Blankenhagen aufgebaut und 18 Jahre später umgebaut und erweitert. Der Bestand: Gehäuse und 5 Register von Schnitger, 5 Register von Rasche, eins aus dem 18.Jahrhundert. Ob die Schnitger-Orgeln UNESCO-Weltkulturerbe werden, ist noch im Gespräch. Der Barock-Orgelbauer gilt als der Stradivari der Orgeln.
(gekürzter Auszug aus: Günter Joneit zum 300. Todestag des Orgelbauers Arp Schnitger 2009 im Ortschronikenportal des Heimatverbandes MV)